Re: Historisch-kritische Bibelauslegung
Verfasst: Sonntag 5. Juni 2016, 09:12
Ich bin jetzt mit der Lektüre des Buches von Dr. Harald Specht „Jesus? Tatsachen und Erfindungen“ zu Ende gekommen. Harald Specht verneint wie viele andere Theologen die Existenz eines Jesus von Nazareth.
Während ich vor der Lektüre dieses Buches noch der Ansicht war, dass der Wanderprediger Jesus selbst keine neue Religion gründen wollte sondern lediglich nur das nahe Weltende (jüdische Messiaserwartung) predigte und Paulus als der eigentliche Religionsstifter anzusehen ist, muss ich nun wohl doch meine Ansicht revidieren.
Neben dem Buch von Rudolf Augstein: „Jesus – Menschensohn“ und den Büchern von Dr. Hermann Detering (Falsche Zeugen, Der gefälschte Paulus http://www.hermann-detering.de/Vita.htm und http://www.radikalkritik.de/ ) findet dieses Buch als ein weiteres Nachschlagewerk einen würdigen Platz in meinem Bücherschrank.
Ich will hier nicht den ganzen Inhalt des Buches wiedergeben. Freundlicherweise hat Dr. Harald Specht zum Ende seines Buches eine Zusammenfassung in Form von Sieben Thesen und einem Fazit zusammengestellt, welches ich hier im Original wiedergebe:
6.1 Sieben Thesen und ein Fazit (Seite 575)
1. Einen Menschen aus Fleisch und Blut mit Namen Jesus von Nazareth, wie er uns in den kanonischen Evangelien des Neuen Testaments gezeigt wird, hat es nie gegeben. Weder die Abstammung aus einer königlichen Linie noch seine Lebensdaten und sein Wirken sind verifizierbar. (Die Berichte über seine übernatürliche Geburt und göttliche Abkunft sowie seine Auferstehung nach dem Tode brauchen nicht widerlegt zu werden.
2. Keine der uns heute vorliegenden Schriften, die von Jesus Christus berichten, wurde von Augen- oder Ohrenzeugen des beschriebenen Geschehens verfasst. Als Pseudepigraphien publiziert, entstanden sie Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte nach der fraglichen Zeit. Dies gilt auch für das paulinische Schrifttum und die vier kanonischen Evangelien. Sie stammen aus dem 2. Jahrhundert u. Z. und berichten nicht über einen historischen Jesus. Sie sind Ergebnisse der Auseinandersetzungen und Polemik verschiedener frühchristlicher Gruppierungen und mit Berufung auf fiktive Jünger und Apostel verfasst worden, um der jeweiligen Glaubensrichtung Autorität und höhere Authentizität zu geben. Weder die Apostel Paulus und Petrus noch die im Neuen Testament so unterschiedlich gezeichnete Jüngerschar Jesu haben existiert.
3. Den historischen Rahmen für die Herausbildung des Christentums war ein im römischen Reich weit verbreitetes Kultgeschehen, wobei insbesondere der Christus-Kult zur Entstehung des späteren Christentums beitrug. Er hatte seine Wurzeln vor allem im ägyptischen Totenritus, in der jüdischen Prophetie und Messiastradition, in der hellenistisch-jüdischen Philosophie und Weisheitslehre der Diaspora-Juden sowie in der griechisch-römischen Mysterienkutur. Zentren dieses Christusglaubens waren die Metropolen des Reiches, vorrangig Alexandria und Rom, aber auch Antiochien, Ephesus und Karthago. Die sogenannten Chrestianer waren anfangs in kleineren Gruppen als geheime Zirkel organisiert. Ihr Kult wurde im Verborgenen praktiziert. Gerüchte um besondere Tauf- und Mahlsriten sowie die Ablehnung des Kaiserkultes führten zu falschen Verdächtigungen, Verachtung und Verfolgung.
4. Im Wettbewerb der zahlreichen Mysterienkulte (Demeter, Isis, Mithras) gewann die frühchristliche Bewegung den größten Zulauf. Ursachen dafür waren die Versprechen der Erlösung von allen Übeln und die Aussicht auf einen sicheren Platz im Jenseits, die Aufnahme von Frauen, Sklaven und Entlaufenen, die kostenlose Teilnahme an den Mysterien und späteren Gottesdiensten, die aufopferungsvolle materielle und mitmenschliche Hilfe untereinander, die kostenfreie Sorge für Bedürftige, Kranke und Verstorbene, selbst wenn letztgenannte die Opfer gefährlicher und ansteckender Epidemien waren. Der bedeutendste Grund für den Sieg des Christentums über alle anderen konkurrierenden Sekten der Zeit waren daher das aufopferungsvolle soziale Engagement der ersten Christen und der freie Beitritt für jedermann.
5. Die erfolgreichsten Mittel zum raschen Anwachsen der Gemeinden waren die Trivialisierung der Lehre, deren Anpassung an den Bildungsstand der breitesten Masse und letztlich die Schaffung der Identifikationsfigur Jesus Christus. Überlegenheit gegenüber anderen Mysteriengesellschaften war auch durch den besonderen Organisationsgrad gegeben, konnten doch die ersten christlichen Gemeinden auf vorhandene jüdische Gemeindestrukturen der Phylen und Synagogen sowie den Führungskreis der Ältesten (Presbyter) aufbauen. Ein entscheidender Schritt war ferner der Aufbau eines monarchischen Episkopates sowie die Schaffung von Gebietskirchen und Metropolitanverbänden.
6. Bedeutendster inhaltlicher Aspekt der frühchristlichen Christus-Gemeinden war der Übergang zu einer Bewegung des Christus Jesus. Durch geschickte Anbindung an Inhalte der jüdischen Religion und die regionale Geographie, deren Bezug auf bekannte historische Details und Legenden sowie möglicherweise auch eine personelle Anknüpfung an Gestalten der antiken Tradition wurde eine Geschichte über Jesus von Nazareth in Umlauf gebracht, die den größtenteils schriftunkundigen Gemeindemitgliedern eine personelle Alternative zu einem wenig bildhaften , unpersönlichen und kaum vorstellbaren transzendenten Christus bot. Die Personifizierung des Christos-Gedankens durch Erfindung der Person des Jesus von Nazareth war das entscheidende Mittel, gegenüber anderen Gruppen der frühen Christenheit die religiöse Oberhoheit zu erringen und zu behalten.
So wurden aus Christos der Christos Jesus und daraus im Verlauf der durch die Evangelien verbreiteten Lebensgeschichte der Jesus Christus, der letztlich als der Mensch und Gottessohn Jesus von Nazareth in die christliche Tradition einging. „Jesus ist als der auferstandene Christus die Erfindung der Gemeinde.“ Kurz: Aus Christus wurde Jesus, aus den Chrestianern wurden die Christen und aus der Christenheit wurde das Christentum.
7. Mit dem Anwachsen der Christus-Jesus-Bewegung setzt auch die religiöse und intellektuelle Differenzierung in der frühchristlichen Bewegung ein. Dies äußert sich einerseits durch Abspaltung elitebewusster Gruppen Intellektueller mit einem verwirrenden philosophischen Hintergrund (subsumiert unter den Begriffen Gnosis und Gnostiker) und andererseits durch eine fortschreitende Trivialisierung und Verwischung der Glaubenshintergründe im Rahmen sehr volkstümlicher Inhalte und Praktiken. Letzteres führte am Ende des zweiten Jahrhunderts sowohl zu einem besonders starken Zulauf zur christlichen Bewegung als auch deren Spaltung in ein orthodoxes und häretisches Christentum.
Als Fazit ist daher festzuhalten:
Der uns aus den Evangelien bekannte Jesus von Nazareth ist hinsichtlich seiner religiösen, ethischen, aber auch äußeren Gestaltung ein Mischprodukt aus mehreren Gott-Charakterien seiner Zeit. Eine Heldenfigur der kanonischen Evangelien, die vor allem aus jüdischen, ägyptischen wie hellenistischen Elementen kompiliert wurde. Seine religiösen Wurzeln liegen daher ebenso in der Prophetie und Messiaserwartung des Judentums wie im Jenseitsglauben der Ägypter, entspringen dem Glauben an Vegetations- und Fruchtbarkeitsgötter wie den antiken Sonnenkulten. Der einzige Unterschied zwischen Jesus von Nazareth und all seinen Vorbildern besteht darin, dass man ihm neben seiner Rolle als Gott auch die eines lebenden Menschen dazu erfand.
Wer nach Beweisen und näheren Begründungen für diese sieben Thesen fragt, der findet sie in dem Buch von Dr. Harald Specht:
Jesus? Tatsachen und Erfindungen, 654 Seiten, Preis 19,90 bei Amazon.
https://www.amazon.de/Jesus-Tatsachen-E ... entries*=0
Wer solche aufklärerischen Bücher nicht gelesen hat, hat sich eben entschlossen, die Frage nach dem Glauben ohne Wissen und vor allem ohne Wissenserwerb zu beantworten.
Wer glaubt, will nichts wissen, wer sich jedoch fragt, ob er noch glauben sollte, der wird hier eine Antwort finden.
Während ich vor der Lektüre dieses Buches noch der Ansicht war, dass der Wanderprediger Jesus selbst keine neue Religion gründen wollte sondern lediglich nur das nahe Weltende (jüdische Messiaserwartung) predigte und Paulus als der eigentliche Religionsstifter anzusehen ist, muss ich nun wohl doch meine Ansicht revidieren.
Neben dem Buch von Rudolf Augstein: „Jesus – Menschensohn“ und den Büchern von Dr. Hermann Detering (Falsche Zeugen, Der gefälschte Paulus http://www.hermann-detering.de/Vita.htm und http://www.radikalkritik.de/ ) findet dieses Buch als ein weiteres Nachschlagewerk einen würdigen Platz in meinem Bücherschrank.
Ich will hier nicht den ganzen Inhalt des Buches wiedergeben. Freundlicherweise hat Dr. Harald Specht zum Ende seines Buches eine Zusammenfassung in Form von Sieben Thesen und einem Fazit zusammengestellt, welches ich hier im Original wiedergebe:
6.1 Sieben Thesen und ein Fazit (Seite 575)
1. Einen Menschen aus Fleisch und Blut mit Namen Jesus von Nazareth, wie er uns in den kanonischen Evangelien des Neuen Testaments gezeigt wird, hat es nie gegeben. Weder die Abstammung aus einer königlichen Linie noch seine Lebensdaten und sein Wirken sind verifizierbar. (Die Berichte über seine übernatürliche Geburt und göttliche Abkunft sowie seine Auferstehung nach dem Tode brauchen nicht widerlegt zu werden.
2. Keine der uns heute vorliegenden Schriften, die von Jesus Christus berichten, wurde von Augen- oder Ohrenzeugen des beschriebenen Geschehens verfasst. Als Pseudepigraphien publiziert, entstanden sie Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte nach der fraglichen Zeit. Dies gilt auch für das paulinische Schrifttum und die vier kanonischen Evangelien. Sie stammen aus dem 2. Jahrhundert u. Z. und berichten nicht über einen historischen Jesus. Sie sind Ergebnisse der Auseinandersetzungen und Polemik verschiedener frühchristlicher Gruppierungen und mit Berufung auf fiktive Jünger und Apostel verfasst worden, um der jeweiligen Glaubensrichtung Autorität und höhere Authentizität zu geben. Weder die Apostel Paulus und Petrus noch die im Neuen Testament so unterschiedlich gezeichnete Jüngerschar Jesu haben existiert.
3. Den historischen Rahmen für die Herausbildung des Christentums war ein im römischen Reich weit verbreitetes Kultgeschehen, wobei insbesondere der Christus-Kult zur Entstehung des späteren Christentums beitrug. Er hatte seine Wurzeln vor allem im ägyptischen Totenritus, in der jüdischen Prophetie und Messiastradition, in der hellenistisch-jüdischen Philosophie und Weisheitslehre der Diaspora-Juden sowie in der griechisch-römischen Mysterienkutur. Zentren dieses Christusglaubens waren die Metropolen des Reiches, vorrangig Alexandria und Rom, aber auch Antiochien, Ephesus und Karthago. Die sogenannten Chrestianer waren anfangs in kleineren Gruppen als geheime Zirkel organisiert. Ihr Kult wurde im Verborgenen praktiziert. Gerüchte um besondere Tauf- und Mahlsriten sowie die Ablehnung des Kaiserkultes führten zu falschen Verdächtigungen, Verachtung und Verfolgung.
4. Im Wettbewerb der zahlreichen Mysterienkulte (Demeter, Isis, Mithras) gewann die frühchristliche Bewegung den größten Zulauf. Ursachen dafür waren die Versprechen der Erlösung von allen Übeln und die Aussicht auf einen sicheren Platz im Jenseits, die Aufnahme von Frauen, Sklaven und Entlaufenen, die kostenlose Teilnahme an den Mysterien und späteren Gottesdiensten, die aufopferungsvolle materielle und mitmenschliche Hilfe untereinander, die kostenfreie Sorge für Bedürftige, Kranke und Verstorbene, selbst wenn letztgenannte die Opfer gefährlicher und ansteckender Epidemien waren. Der bedeutendste Grund für den Sieg des Christentums über alle anderen konkurrierenden Sekten der Zeit waren daher das aufopferungsvolle soziale Engagement der ersten Christen und der freie Beitritt für jedermann.
5. Die erfolgreichsten Mittel zum raschen Anwachsen der Gemeinden waren die Trivialisierung der Lehre, deren Anpassung an den Bildungsstand der breitesten Masse und letztlich die Schaffung der Identifikationsfigur Jesus Christus. Überlegenheit gegenüber anderen Mysteriengesellschaften war auch durch den besonderen Organisationsgrad gegeben, konnten doch die ersten christlichen Gemeinden auf vorhandene jüdische Gemeindestrukturen der Phylen und Synagogen sowie den Führungskreis der Ältesten (Presbyter) aufbauen. Ein entscheidender Schritt war ferner der Aufbau eines monarchischen Episkopates sowie die Schaffung von Gebietskirchen und Metropolitanverbänden.
6. Bedeutendster inhaltlicher Aspekt der frühchristlichen Christus-Gemeinden war der Übergang zu einer Bewegung des Christus Jesus. Durch geschickte Anbindung an Inhalte der jüdischen Religion und die regionale Geographie, deren Bezug auf bekannte historische Details und Legenden sowie möglicherweise auch eine personelle Anknüpfung an Gestalten der antiken Tradition wurde eine Geschichte über Jesus von Nazareth in Umlauf gebracht, die den größtenteils schriftunkundigen Gemeindemitgliedern eine personelle Alternative zu einem wenig bildhaften , unpersönlichen und kaum vorstellbaren transzendenten Christus bot. Die Personifizierung des Christos-Gedankens durch Erfindung der Person des Jesus von Nazareth war das entscheidende Mittel, gegenüber anderen Gruppen der frühen Christenheit die religiöse Oberhoheit zu erringen und zu behalten.
So wurden aus Christos der Christos Jesus und daraus im Verlauf der durch die Evangelien verbreiteten Lebensgeschichte der Jesus Christus, der letztlich als der Mensch und Gottessohn Jesus von Nazareth in die christliche Tradition einging. „Jesus ist als der auferstandene Christus die Erfindung der Gemeinde.“ Kurz: Aus Christus wurde Jesus, aus den Chrestianern wurden die Christen und aus der Christenheit wurde das Christentum.
7. Mit dem Anwachsen der Christus-Jesus-Bewegung setzt auch die religiöse und intellektuelle Differenzierung in der frühchristlichen Bewegung ein. Dies äußert sich einerseits durch Abspaltung elitebewusster Gruppen Intellektueller mit einem verwirrenden philosophischen Hintergrund (subsumiert unter den Begriffen Gnosis und Gnostiker) und andererseits durch eine fortschreitende Trivialisierung und Verwischung der Glaubenshintergründe im Rahmen sehr volkstümlicher Inhalte und Praktiken. Letzteres führte am Ende des zweiten Jahrhunderts sowohl zu einem besonders starken Zulauf zur christlichen Bewegung als auch deren Spaltung in ein orthodoxes und häretisches Christentum.
Als Fazit ist daher festzuhalten:
Der uns aus den Evangelien bekannte Jesus von Nazareth ist hinsichtlich seiner religiösen, ethischen, aber auch äußeren Gestaltung ein Mischprodukt aus mehreren Gott-Charakterien seiner Zeit. Eine Heldenfigur der kanonischen Evangelien, die vor allem aus jüdischen, ägyptischen wie hellenistischen Elementen kompiliert wurde. Seine religiösen Wurzeln liegen daher ebenso in der Prophetie und Messiaserwartung des Judentums wie im Jenseitsglauben der Ägypter, entspringen dem Glauben an Vegetations- und Fruchtbarkeitsgötter wie den antiken Sonnenkulten. Der einzige Unterschied zwischen Jesus von Nazareth und all seinen Vorbildern besteht darin, dass man ihm neben seiner Rolle als Gott auch die eines lebenden Menschen dazu erfand.
Wer nach Beweisen und näheren Begründungen für diese sieben Thesen fragt, der findet sie in dem Buch von Dr. Harald Specht:
Jesus? Tatsachen und Erfindungen, 654 Seiten, Preis 19,90 bei Amazon.
https://www.amazon.de/Jesus-Tatsachen-E ... entries*=0
Wer solche aufklärerischen Bücher nicht gelesen hat, hat sich eben entschlossen, die Frage nach dem Glauben ohne Wissen und vor allem ohne Wissenserwerb zu beantworten.
Wer glaubt, will nichts wissen, wer sich jedoch fragt, ob er noch glauben sollte, der wird hier eine Antwort finden.
Die Bibel ist ein Relikt aus einer anderen Zeit, Überbleibsel einer Epoche und eines Paradigmas, welches zu Recht auf den Schutthaufen der Geschichte gehört.
Wir haben es bei den Schriften des Alten und neuen Testaments mit antiken Texten zu tun, die mit unserer Zeit und unserer Gesellschaft nicht nur nichts mehr zu tun haben, sondern die an unzähligen Stellen elementaren Grundsätzen einer modernen und freiheitlichen Rechts- und Gesellschaftsordnung widersprechen.
Heinz-Werner Kubitza