Dieser Paragraph bietet nicht nur die Möglichkeit gegen Andersdenkende gerichtlich vorzugehen, sondern auch Zensur auszuüben.
§ 166 Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Es gibt Gerichtsurteile, auch aus neuerer Zeit, bei denen ganz offensichtlich nach altem Kirchenrecht verfahren wurde. Zu erwähnen sind hier insbesondere Urteile im Zusammenhang mit dem „Gotteslästerungs-Paragraphen“ §166 StGB, sowie zahlreiche Schulgebetsurteile, Kirchensteuerentscheidungen und Arbeitsgerichtsurteile nach dem sogenannten Tendenzschutzparagraphen. Auch Kruzifixe in Gerichtssälen und das Wirken von Anstaltsgeistlichen in Justizvollzugsanstalten, das Wirken von Militärpfarrern bei der Bundeswehr, bezeugen, dass das Verfassungsgebot der Trennung von Staat und Kirche im Bereich der Rechtsprechung noch längst nicht vollzogen ist.
Volker Beck, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, hatte seine persönliche Meinung über § 166 StGB so formuliert:
Beckstein (CSU):Der Paragraph gehört "auf den Misthaufen der Rechtsgeschichte".
Der SPD-Fraktionsvize Fritz Rudolf Körper:Die Verunglimpfung von religiösen Gefühlen werde erleichtert, wenn der Paragraph abgeschafft würde. Damit störe Beck empfindlich das friedliche Zusammenleben von Menschen verschiedener Religionen.
Der damalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber dachte über eine Verschärfung des § 166 StGB nach. Der sei in seiner jetzigen Form “stumpf und wirkungslos”. Stoiber kündigte eine entsprechende Initiative bei Bundeskanzlerin Merkel an. Wer bewusst die religiösen Gefühle anderer Menschen verletze, müsse mit einer harten Strafe rechnen - mitunter bis zu 3 Jahren Gefängnis."Es ist ganz wichtig, klare Grenzen zu setzen gegen Herabsetzungen oder Schmähungen. Dies ist ein wichtiger Beitrag zum gesellschaftlichen Frieden." Deshalb sei die Forderung der Grünen zurückzuweisen.
Werner Kolhoff, Kommentator im Trierischen Volksfreund:
Irene Nickel schrieb dazu einen Leserbrief:Denn wenn es nicht irgendwo eine Schranke gibt gegen Provokationen, wenn nicht irgendwann ein Richter Einhalt gebieten kann, dann ist das Tor für den Krieg der Religionen offen.
De facto wird das Gesetz dazu herangezogen Zensur gegen religionskritische Kunst und Satire auszuüben und die Meinungsfreiheit einzuschränken. Über die Praxis der Anwendung dieses Paragraphen ist bei Wikipedia einiges zu lesen:Dieser Kommentar von Werner Kolhoff verdient Widerspruch. Eine Abschaffung des Straftatbestandes der Gotteslästerung würde keineswegs zur Abschaffung jener Grenzen führen, die zum Schutze des öffentlichen Friedens erforderlich sind.
Diese Grenzen würden weiterhin bestehen, etwa in Straftatbeständen wie Beleidigung (§ 185 StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) und Anstiftung zu Straftaten (§ 26 StGB).
Unter dem Schutz dieser Gesetze würden religiöse Menschen und Gruppen weiterhin stehen, ebenso wie andere Menschen und Gruppen auch. Und das muss religiösen Menschen und Gruppen ebenso genügen wie anderen Menschen und Gruppen auch.
Falls religiöse Menschen zu besonders heftigen Reaktionen neigen, durch die der öffentliche Friede in Gefahr gerät - Werner Kolhoff sprach von einem "Krieg der Religionen" - dann ist das kein Grund, diese Leute mit Samthandschuhen anzufassen.
Im Gegenteil, diesen Leuten muss mit aller Deutlichkeit klargemacht werden, dass sie sich an unsere Gesetze zu halten haben wie andere Menschen auch.
Dass sie nicht mit besonderer Milde rechnen können, wenn sie Landfriedensbruch begehen (§ 125 StGB), Gewalttaten oder sonstige Straftaten. Es wäre absurd, diese Leute auch noch für ihr Fehlverhalten zu belohnen, indem man ihnen weiterhin eine einzigartige Möglichkeit bietet, gegen Andersdenkende vorzugehen. Der Gotteslästerungsparagraph gehört abgeschafft.
http://de.wikipedia.org/wiki/Beschimpfu ... einigungen
Ich plädiere auch dafür, die Abschaffung dieses Gesetzes zu fordern.
Gegen Beleidigung gibt es schon den § 185, ich sehe nicht ein, warum der Kirche hier ein eigener Paragraph zugestanden werden muss, in dessen Namen Zensur ausgeübt werden kann und wird.
Dass es den § 166 gibt ist sicherlich aus der Gesetzestradition (hier laut Wikipedia seit 1851 (PStGB)) heraus zu verstehen, wie sonst könnte dieser Paragraph legitimiert sein? Aus der CSU heraus gab es in den letzten Jahren leider sogar Äußerungen die forderten den Paragraphen zu verschärfen.