Antwort zu dem Beitrag von Holuwir » Di 12 Apr, 2022 20:14
Mit
dem ersten Absatz bin ich soweit einverstanden.
Ergänzen möchte ich dazu dies:
In der mittleren Altsteinzeit, vor mindestens 120 000 Jahren, taten Homo sapiens und Neandertaler etwas, was bis dahin keiner anderen Spezies auf unserem Planeten in den Sinn gekommen war: Sie bestatteten ihre Toten in rituellem Rahmen. Zahl und Komplexität dieser ers¬ten Grablegungen nahmen sehr schnell zu. Das lassen archäologische Funde vermuten. Heute sind Trauerfeiern in jeder Kultur selbstverständlich – ja selbst entschieden atheistische Bewegungen geleiten ihre Toten rituell ins Jenseits: Um Lenin, Mao oder Atatürk etwa wurde ein geradezu religiöser Kult inszeniert, indem ihre Anhänger sie in Bildern und Zitaten ver¬ewigten, vor Kritik abschirmten und ihnen sogar prachtvolle Mausoleen bauten. Die Vermutung liegt nahe: Stand die Sorge um die Toten am Beginn menschlicher Religiosität? ...
https://www.spektrum.de/magazin/homo-religiosus/982255
Religiosität, in welcher Form auch immer, gehört zu den Merkmalen, die dem Menschen vom Tier unterscheidet.
Zu
dem zweiten Abschnitt habe ich diese Anmerkung:
Auf einem kleinen Fleckchen (Israel), dort wo die antiken Kulturen aufeinanderstießen und wo aufgrund von Krieg, Besatzung, Unterwerfung, Vertreibung auch die eigenen Gottesvorstellungen immer wieder über den Haufen geworfen wurden, setze schon früh eine Reflektion ein. Der Monotheismus war hier nicht nur das Ende der
„unsichtbaren übernatürliche Wesen“ die hinter Naturereignissen stehen. Auch eine naive Gleichsetzung mit Gott und der Natur (Pantheismus) war hier spätestens 500 vor Christus zu Ende.
Parallel dazu gab es im griechischen Denken bei
Aristoteles (* 384 v. Chr. in Stageira; † 322 v. Chr. in Chalkis) zum Beispiel diese Vorstellung:
Beides vollzog sich hunderte Jahre vor Christus und der Entstehung von Christentum und Kirche. Beides floss in die später entstehenden kirchlichen Lehren ein.
Daher gehe ich mit Holuwirs Vorstellung, dass „man hinter all den Naturereignissen unsichtbare, übernatürliche Wesen vermutet“ nicht mit.
Dem dritten Absatz kann ich auch so nicht voll und ganz zustimmen!
Hier spricht Holuwir aufgrund seiner Erfahrungen bei den Zeugen Jehovas. Das trifft auf Zeugen Jehovas zu, aber nicht gleichermaßen auf alle.
Holuwir stellt hier Kirche und Sekte auf eine Ebene, als gäbe es da keine Unterschiede.
(Das Zitat habe ich gekürzt. Es kann oben im Wortlaut nachgelesen werden.):
Holuwir hat geschrieben: Dienstag 12. April 2022, 21:14ob große Kirchen oder kleine Sekten ihre genauen Vorstellungen über Eigenschaften und Organisation [...] Nur die eigene Vorstellung ist richtig, die auf irgendwelchen mysteriösen Wegen direkt von Gott zu ihnen gelangt sei. Alles was damit nicht übereinstimmt, ist falsch.
Zu den Kirchen:
An anderer Stelle erläuterte ich:
Christel hat geschrieben: Donnerstag 14. April 2022, 14:17Das Christentum hat nämlich in seinen ersten Jahrhunderten einen Prozess der Selbstdefinition durchlaufen, der im Wesentlichen vor den großen Kirchenspaltungen abgeschlossen war. In Rückbindung auf diese Ursprünge/Selbstdefinitionen des Christentums haben sich getrennte Kirchen später zur Ökumene zusammen finden können. Ökumene ist inhaltlich ähnlich dem Wort „katholisch“, welches
nicht die Konfession, sondern eine Eigenschaft der Kirche bezeichnet, Raum für alle zu sein. Das Bindeglied ist Einheit in Vielfalt, also
im Wesentlichen Einheit, ansonsten Freiheit.
Holuwir hat geschrieben: Dienstag 12. April 2022, 21:14Hier kämpft jeder gegen jeden.
Das stimmt so nicht. Wie gesagt, es gibt die Zusammenarbeit und die alte katholische
Kirche (das gehört noch immer zum Verständnis der heutigen Katholischen Kirche, auch wenn die inzwischen zentralistischer geworden ist) verstand sich immer
als Gemeinschaft von Gemeinschaften und fasste ihre Beschlüsse auf Synoden und Konzilen.
Zudem bedarf es keiner Religion, damit Menschen einander bekämpfen. Und wenn man als kämpferischer Atheist die Kirchen bekämpft, dann ist es sowieso nicht angebracht mit dem Finger auf andere zu zeigen.
Zu den sogenannten Sekten:
Zeugen Jehovas werden zu den Sekten gezählt, was erst einmal nur so viel wie Abspaltung bedeutet.
Doch bei
genauem Hinsehen sind Jehovas Zeugen keine Abspaltung, sondern eine Neugründung. Es ist das späte 19. Jahrhundert, es ist Gründerzeit auch in Amerika. Und so wie viele gründet auch
Charles Taze Russell ein Unternehmen, einen Verlag, genauer die
Wachtturm-Gesellschaft (WTG).
So nach und nach, auch mit Führungswechsel und Lehränderungen verbunden, entsteht eine
straff geführte Organisation, die sich selbst stark von den Kirchen abgrenzt.
Beispiel: „Der Wachtturm“ vom 1. März 2006
(Ich zitiere aus dem Druckexemplar. Eine Online-Ausgabe ist „jw.org.de nicht verfügbar.):
Seite 6 Überschriften
„Irrlehrer verleugnen Jesus“,
„Nach dem Tod der Apostel breitet sich der Abfall aus“ und auf der Seite 7 ist zu lesen
„Die Sachlage ist eindeutig. Seit dem Tod der Apostel ist in dem, was man im Namen des Christentums getan hat, kaum Christliches zu finden.“ Weiter gleiche Seite nächste Spalte
„Halten wir uns daher von irgendwelchen Institutionen oder Organisationen fern, die in den vergangenen zweitausend Jahren den Namen Christi“ … und dann folgt die Drohung
„Sonst stehen wir in der Gefahr, […]
einen Teil der Plagen zu empfangen‘, wenn Gott in naher Zukunft sein Strafgericht an ihnen vollstreckt“
Damit haben sie sich ein Problem geschaffen, denn sie berufen sich auf die Bibel. Doch diese ist während der Zeit des angeblichen „Abfalls“ entstanden und noch dazu innerhalb jener Organisation, vor denen die WTG warnt.
Daher mussten sie Vorstellungen entwickeln, wie die Bibel
„auf irgendwelchen mysteriösen Wegen direkt von Gott zu ihnen gelangt sei“ (Zitat Holuwir), durch ein Wunder Gottes und durch ein paar treue Menschen, die gegen die Kirche...
So wie man sich die Bibel aus der Tradition der Kirche herausgebrochen, um nicht zu sagen geklaut hat, so wird auch die Bibel als „Wortsteinbruch“ benutzt, um die eigenen Vorstellungen zu bestätigen. Denn es ist so, wie es Holuwir schrieb:
Holuwir hat geschrieben: Dienstag 12. April 2022, 21:14Nur die eigene Vorstellung ist richtig
Und diese Vorstellung hat nur eine Handvoll Männer festgelegt. Solange diese auswendig gelernt und wiederholt wird, ist alles gut. Doch wenn jemand beginnt zu denken und noch dazu laut, dann gilt dies:
Im „Wachtturm vom 15. Juli 1996
(auch nicht Online verfügbar) steht auf Seite 17 unter der Überschrift
„Unsere Zunge richtig gebrauchen“ „Der verkehrte Gebrauch der Zunge kann dagegen unsere Einheit bedrohen.“ „Jehova haßt Personen, die Streitigkeiten verursachen“ „Gerede dieser Art kann zur Uneinigkeit führen“ „Ein reueloser Schmäher sollte jedoch ausgeschlossen werden, damit der Frieden, die Ordnung und die Einheit in der Versammlung bewahrt bleiben“
Holuwir hat geschrieben: Dienstag 12. April 2022, 21:14kleine Sekten ihre genauen Vorstellungen
Beispiel. „Der Wachtturm“ vom November 2013 den Titel „Lügen über einen liebenswerten Gott“ Auf Seite 5 die Überschrift
„Die Lüge vom geheimnisvollen Gott“ https://www.jw.org/de/bibliothek/zeitsc ... geheimnis/
Ja, wo andere nicht weiterkommen und sie von einem Geheimnis reden und meinen, dass man mit seinen Vorstellungen über Gott an Grenzen gerät, da meinen Zeugen Jehovas, dass sei eine Lüge und wissen es natürlich genau. Jehova muss wohl demnach so eine Art Jurist sein oder war das einer der menschlichen Führungsgestalten der WTG?
Ja und wenn die Wissenschaft nicht zu den Vorstellungen der WTG passt, dann liegt auch diese falsch.