Christel hat geschrieben:Nun ich denke die Evolutionsbiologie ist nicht die einzige Wissenschaft.
Naturwissenschaft kann nicht die Gesellschaft erklären, wenn sie's versucht geht es gründlich schief.
Siehe Sozialdarwinismus.
Die Sozialwissenschaft befasst sich mit dem Thema Gesellschaft. Am "Sozialdarwinismus" ist ebensoviel dran wie sachlich falsch ist - vor allem die gezogenen Schlußfolgerungen oder Interpretationen passen oft nicht oder sind wissenschaftlich "unbrauchbar". Er ist ein gutes Beispiel für eine wissenschafts-historische "Sackgasse", die man in der Geschichte immer wieder mal findet.
Der heutige Darwinismus ist unvollständig und klärt (das weiß die Wissenschaft) nicht alle offenen Fragen - die Kritiker blenden dies aus und können ihn nur so im vollen Umfang diskreditieren.
Die einfache Lösung, die Bibel, der christliche Glaube wäre die Ursache allen Übels, halte ich für falsch.
Da waren die Kommunisten ja noch gemäßigter, sie hielten das Christentum nicht für die Wurzel allen Übels, nur für überholt.
Aber sie hatten auch eine einfache Lösung.
Ja, ich denke auch nicht das der christliche Glaube Ursache allen Übels ist. So gab und gibt es ja auch eine ganze Reihe anderer Religionen, die nicht unbedingt "besseren" oder "schlechteren" Einfluß auf die Geschichte hatten oder haben - auch lange vor den ersten Christen.
Religionen verlegen und konzentrieren den Bewusstseinsfokus der Religiösen ("Gläubigen") auf einen "gemeinamen Fokus". Im Umkehrschluß bedeutet dies, das Religiöse damit andere Bereiche der Bewusstheit (der sog. "Realität" oder des "Seins") mehr oder weniger gezielt "ausblenden". "Gott" und "Götze" sind linguistisch ('das' oder 'der' "Gegossene" [gegossene Figur]) kaum unterschiedbar. Die "Figuren" (später auch "Verkörperungen" wie Schriften und auch Riten) werden zum Fixpunkt des gemeinsamen Fokus - "Der Religion".
Nicht-Religiöse haben hingegen vergleichsweise sehr voneinander (in ihrer Größe und Ausrichtung) abweichende Fokusse - haben daher auch teils sehr verschiedene - natürlich auch gute wie böse - Sichtweisen, Erfahrungen und Vorstellungen vom "Sein" (der "Bewusstheit"). Religionen sollen oder wollen solche Extreme - im Sinne des "Guten" - verhindern.
In der Bewusstseinsforschung bezeichnet man diesen Vorgang als "Bewusstseinsverschiebung" oder "Kanalwechseln". Der Fokus wird verschoben - ohne jedoch größer (transzendenter - also "bewusster") zu werden, wodurch dem Menschen oft der Eindruck entsteht, er habe ein "größeres" Bewusstsein (Transzendenz) erlangt. Man nennt dies auch "Pseudo-Transzendenz". Ähnliche "Effekte" sieht man bei allen Arten von "Anhaftungen" wie z.B. Süchte (Drogen, Spielsucht, Geldgier usw.), "verliebt sein" u.ä. Bewusstseinszuständen. Es wird ein Gefühl der "Geborgenheit" oder (Pseudo-)Sicherheit gegeben, indem negative Dinge des Seins "aus dem Fokus" geschoben werden. Gerade bei Kindern funktioniert das einfach - z.B. mit nem Schnuller.
Diesen Vorgang (der bei uns hauptsächlich im Gehirn abläuft) kann man übrigens - bei vielen Menschen - mittlerweile auch in einem Kernspin abbilden. Im Zustand "höchsten Glaubens" nimmt die Hirnaktivität in vielen Hirnregionen ab - geht teils gegen Null und oft werden dabei hohe Mengen Endorphine ausgeschüttet.
Aus meiner Sicht haben Religionen damit wenigen bis keinen Einfluß auf eine bessere oder schlechtere Welt - sie können ebenso zu Extremen (bis hin zur Auslöchung des Lebens auf der Erde) führen wie nichtreligiöse Ansichten. Der Mensch ist in seiner Entwicklung weitaus weniger von Affen oder anderen Tieren weg, als er sich heute zugestehen möchte - er denkt mehr zu wissen (oder zu glauben) als alles andere Leben und sieht sich in vielen Religionen sogar als "Krone der Schöpfung" (wie früher wohl die Dinosaurier). Viele meinen schon Tiere hätten gar kein Bewusstsein - dabei sind wir selbst Tiere, die sich nur einbilden was Besseres zu sein und "von Gott" deshalb bevorzugt zu werden. Religionen (o. allgemein "Glauben") waren und sind Teil unserer Entwicklungsgeschichte so wie man Kleinkindern seit Uhrzeiten etwas zum Nuckeln in den Mund steckte.
Darin sehe ich die größte Gefahr für die Zukunft.