»Wir sind generell gegen Religion als Pflichtfach«
27.01.2015
Thüringens Landesregierung ist »grundsätzlich offen« für die Einführung von Islam-Unterricht. Ein Gespräch mit Maximilian Steinhaus
Interview: Gitta Düperthal
Maximilian Steinhaus ist Sprecher der Regionalgruppe Mittelthüringen im Förderkreis der religionskritischen Giordano-Bruno-Stiftung (gbs)
Der Erfurter Imam Abdullah Dündar spricht sich dafür aus, islamischen Religionsunterricht an Thüringer Schulen einzuführen. Katholischen oder protestantischen Religionsunterricht gibt es doch schon, warum sind Sie dagegen?
Wir sind für die strikte Trennung von Staat und Kirche und wenden uns nicht nur gegen Islamunterricht, sondern generell gegen Religion als Pflichtfach an Schulen. Auch gegen katholischen oder evangelischen Unterricht. Die Ausweitung auf den islamischen Religionsunterricht ist ein Schritt in die falsche Richtung. Es gilt, Religion an Schulen insgesamt abzuschaffen und für alle Schüler statt dessen einen gemeinsamen Ethikunterricht einzuführen, in dem die Werte der Demokratie und die Ausrichtung an unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung gelehrt werden.
Statt Schüler von vornherein nach ihrer spezifischen Religionszugehörigkeit zu separieren, können so alle Religionen gleichwertig aus humanistischer Perspektive beleuchtet werden. Wer meint, Islamunterricht könne einen Beitrag zur Integration leisten – wie etwa Gudrun Holbe, Beauftragte für Kirchenfragen und Religionspolitik der CDU-Landtagsfraktion – lässt völlig außer acht: Viele Menschen, die nach Deutschland kommen, sind gerade vor islamischen Regimen anderer Staaten geflüchtet. Ihnen muss es wie ein Hohn vorkommen, wenn ein säkularer Staat nun staatlichen Islamunterricht einführen will. So sieht es auch der Zentralrat der Ex-Muslime.
Der Sprecher der Thüringer Bildungsministerin Birgit Klaubert (Die Linke) hat am Montag gegenüber jw bestätigt, dass die Landesregierung der Einführung islamischen Religionsunterrichts »grundsätzlich offen« gegenüber steht. Die Anfrage des Imams scheitere nur an Formalien: Notwendig sei eine offizielle Anfrage der Religionsgemeinschaft, die aber in Thüringen bislang noch nicht existiere. Wie sehen Sie das?
Wir sind enttäuscht, dass ausgerechnet eine Landesregierung einknickt, in der Die Linke mitwirkt. Schließlich hatte sie ein Wahlplakat mit der Aufschrift »Glauben ist Privatsache. Für echte Trennung von Staat und Kirche« verklebt. Zu bedenken ist zudem: Ausgerechnet die Haltung des Erfurter Imams war bereits 2011 in der Kritik. Die Thüringer Allgemeine schrieb damals, die Sicherheitsbehörden seien vor allem wegen der Gäste besorgt, denen er in den Thüringer Gemeinden ein Forum biete. Fast wöchentlich komme es zu Veranstaltungen mit salafistischen Inhalten, etwa mit Prediger Pierre Vogel.
Seltsam: Da wendet man sich gegen vermeintliche Radikalisierung, beabsichtigt aber, genau solchen Kräften Verantwortung zu übertragen. Innerhalb der islamischen Gemeinde tobt übrigens gerade ein Kampf zwischen freiheitlich orientierten Reformern und Orthodoxen: Der Staat kann aber nicht darüber bestimmen, welche der beiden Auslegungen sich im Unterricht durchsetzen würde. Es ist auch nicht seine Aufgabe, überhaupt Partei zu ergreifen.
Ist es nicht ein gravierender Unterschied, ob Kinder Märchen von sieben Jungfrauen im Paradies eingetrichtert bekommen oder über Demokratie informiert werden? Die Thüringer Landesverfassung legt aber Religions- oder Ethikunterricht alternativ als »ordentliches Lehrfach« an Schulen fest. Ist das eine gute Idee?
Nein, wir halten das für einen großen Fehler. Wenn überhaupt Religionsunterricht an Schulen, dann nur zusätzlich: Anstatt die Einwanderer aus islamischen Staaten auf ihr Muslim-Sein zu reduzieren, gilt es, den Ethikunterricht aufzuwerten
Wie berichten Thüringer Medien darüber?
Die Thüringer Allgemeine hatte über das Vorhaben berichtet, aber keine Meinung von Kritikern dazu eingeholt. Säkulare Gesprächspartner werden bei diesen Themen generell nicht gefragt, obgleich 70 Prozent der Thüringer religionslos sind.
Demonstrieren Sie gegen »Pegida«?
Klar, wir wenden uns sowohl gegen eine demokratiefeindliche, orthodoxe Auslegung des Islam, als auch gegen die gefährlich pauschalisierende Muslim-Feindlichkeit von »Pegida«, die beträchtliche Differenzen innerhalb dieses Spektrums unzulässig ausblendet.
https://www.jungewelt.de/2015/01-27/050.php
Gegen Religionspflichtfach in Thüringen
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